Live-Spezial: Wie nachhaltig ist die Automobilindustrie?

Shownotes

Als Mobilitätsindustrie mit globalem Footprint kommt die Autobranche an einem klaren Nachhaltigkeitsimperativ nicht vorbei – doch die Investitionen in eine grüne Zukunft sind bei OEMs und Zulieferern in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgegangen. Gemeinsam mit ihrem britischen Journalistenkollegen Christopher Ludwig und Michael Riesener von der RWTH Aachen bemühen sich Pascal und Yannick in einem Live-Spezial vom Automobil Produktion Kongress 2024 um eine Bestandsaufnahme: Reichen die Anstrengungen von Herstellern und Zulieferern aus, um die strengen Klimaziele zu erreichen? Erweist sich die Absatzdelle bei E-Autos als Hürde auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft? Und müssen nicht letztendlich das gesamte Fahrzeug und seine Fertigung im Hinblick auf nachhaltige Materialien und Zirkularität neu gedacht werden?

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Alles Wissenswerte zum Automobil Produktion Kongress: https://www.automobil-produktion-kongress.de/ https://www.automobil-produktion.de/technologie/so-digitalisiert-die-autobranche-ihre-produktion-658.html

Spannende Hintergründe und Interviews rund um die Automobilindustrie auf: www.automotiveIT.eu & www.automobil-produktion.de

Hinweis: Die im Podcast getätigten Aussagen spiegeln die Privatmeinung der Gesprächspartner wider und entsprechen nicht zwingend den Darstellungen des jeweiligen Arbeitgebers

Transkript anzeigen

00:00:00: [Musik]

00:00:04: Nagel Tiedemann, was mich bewegt.

00:00:09: [Musik]

00:00:14: Ja, eine neue Woche, eine neue Folge, was mich bewegt. So lautet der Claim,

00:00:19: Janik, du lachst schon, den ich jede Woche bemühe oder du, je nachdem, wer von uns beiden anfängt

00:00:24: und an alle Zuhörerinnen und Zuhörer, gerade es klingt vielleicht ein klein wenig anders, die Folge.

00:00:31: Das liegt daran, Janik, dass wir gemeinsam eine Live-Folge auf der Bühne des Automobilproduktionkongresses aufnehmen.

00:00:38: So, jetzt aus Pascal, wir sind heute hier in München live vor Ort und freuen uns, dass wir jetzt über das Thema

00:00:44: Nachhaltigkeit in der Automobilindustrie ein bisschen diskutieren werden.

00:00:48: Und ich bin gespannt, wie die Diskussion so sich gestalten wird.

00:00:51: Genau, Diskussion heißt, dass nicht nur wir beide miteinander sprechen, auch Christopher Ludwig von unserem

00:00:58: britischen Schwestermagazin Automotive Manufacturing Solutions ist mit dabei komplettiert,

00:01:02: sozusagen hier in dem Fall die Redaktionsrunde. Und wir haben natürlich auch einen Experten am Bord, Michael Riesener von der RWTH Aachen.

00:01:09: Michael, auch schön, dass du dabei bist, damit wir hier gleich ein wenig diskutieren können, wie es um die Nachhaltigkeit in der Branche steht.

00:01:15: Ich habe so ein, ja, wir wollen ein wenig heute auf die Best Practices schauen, wir wollen natürlich auch Lösungsansätze bieten,

00:01:21: aber Janik, zu einer Lösung ansetzen, gehört immer auch ein bisschen das Status quo, gehört auch eine kleine Bestandsaufnahme.

00:01:28: Was würdest du denn sagen, wo steht denn die Branche in Sachen Nachhaltigkeit?

00:01:31: Ja, also es ist ja so, dass die Branche verschiedene Herausforderungen hat.

00:01:35: Wir haben es an verschiedenen Stellen, auch hier heute beim Automobilproduktionkongress schon gehört,

00:01:40: Digitalisierung, Flexibilität, aber eben auch die Nachhaltigkeit aufgrund der verschiedenen Regulatoriken.

00:01:46: Es ist speziell natürlich auch in Europa, gibt es da einen massiven Handlungsdruck und da haben wir in den letzten Jahren gesehen,

00:01:52: dass die Autohersteller, dass die Zuliefer natürlich auch einiges mittlerweile in Petto haben, was das Thema Nachhaltigkeit anbelangt.

00:01:59: Aber man muss auch sagen, dass gerade die letzten Jahre geprägt durch verschiedene Krisen, Corona-Pandemie, daraus folgende Halbleitermangel,

00:02:06: verschiedene geopolitische Herausforderungen sich auch sehr stark, vor allem wenn man auf die Lieferkette geschaut hat,

00:02:12: eben auch auf das Thema Transparenz in der Lieferkette Resilienz, also wie kann ich meine Lieferketten und meine Produktion eigentlich aufrechterhalten

00:02:20: in diesen bewegten und schwierigen Zeiten. Und da muss man eben auch sagen, dass Nachhaltigkeitsinitiativen vielleicht an der ein oder anderen Stelle

00:02:30: auch ein bisschen zu kurz gekommen sind. Und das zeigt auch ein bisschen die Studienlage.

00:02:35: Wir haben, wir haben da eine aktuelle Studie von Kapgemini rausgesucht, die zur IAA 2023 veröffentlicht wurde und die sagt,

00:02:42: dass es ja im Prinzip in der Phase zu einer kleinen Ressourcenumladung gekommen hat.

00:02:46: Nachhaltigkeitsinitiativen haben sehr stark eben unter diesen Krisen gelitten.

00:02:50: 37 Prozent der Automotivunternehmen nur gaben an das Themen wie das Management des CO2-Fußabdrucks und Umweltrisiken,

00:02:58: die Entscheidungsfindung in der Lieferkette überhaupt beeinflusst haben.

00:03:01: Also das ist ja nicht kein besonders großer Prozentsatz und der ist auch tatsächlich etwas weniger geworden.

00:03:07: Und die Gesamtinvestitionen, Nachhaltigkeit der OEMs sind dieses Jahr oder im letzten Jahr nur auf Vorjahresniveau gewesen.

00:03:14: Und bei den Zulieferern haben wir sogar einen Rückgang bei den Investitionen um 17 Prozent in Nachhaltigkeitsinitiativen.

00:03:21: Liegt vielleicht auch nochmal an der etwas vielleicht besonderen Situation der Zulieferer, die natürlich auch unter einem starken

00:03:27: und vielleicht stärkeren Druck sogar noch stehen als die Automobilhersteller.

00:03:31: Da ist natürlich die Frage, macht es Sinn in solchen fasen, in solchen belastenden fasen, Krisenfasen,

00:03:38: solche Initiativen vielleicht etwas weniger stark in den Fokus zu nehmen, weil mittelfristig, langfristig zahlen die sich natürlich auch aus.

00:03:46: Wir haben Michael zum Thema Kreislaufwirtschaft, hast du in deinem Vortrag heute auch schon einiges gesagt.

00:03:52: Und ist ja natürlich die Frage, ist es das Richtige, sich da jetzt nicht so stark zu fokussieren

00:03:58: oder muss man nicht eigentlich auch in diesen Krisenzeiten verstärkt die Nachhaltigkeit im Blick nehmen?

00:04:03: Ja, ganz sicher. Also aus meiner Sicht muss man überlegen, was der eigene strategische Fokus sein soll.

00:04:09: Der war in vielen, vielen Jahren, war das irgendwie das Thema Kosten.

00:04:13: Dadurch gab es eine auch geopolitische Verlagerung.

00:04:16: Wir sind jetzt heute wieder dabei, dass wir das Ganze wieder so ein Stück weit zurückfahren

00:04:20: und wieder eher innerhalb Europas beispielsweise produzieren.

00:04:23: Und dieses Decapling, das hat ja auch unglaublich hohe Vorteile.

00:04:28: Also wenn ich über das Thema Zirkularität habe, ich habe gesprochen,

00:04:31: wenn wir morgen dafür sorgen wollen, dass wir die Komponenten, die wir produzieren, auch eines Tages wieder zurückbekommen,

00:04:39: um dieses Material weiterzuzuwendet und vielleicht sogar ganze Komponenten wiederzuzuwenden,

00:04:42: dann ist das ja sogar ein Vorteil, wenn ich relativ kurze Lieferketten habe,

00:04:46: vielleicht sogar im gleichen Wirtschaftsraum hier arbeite.

00:04:49: Und dann kann es sogar in Summe ein Wettbewerbsvorteil sein,

00:04:53: wenn wir uns jetzt schon auf CO2-Emissionsreduktion, aber vor allen Dingen auch auf das Thema Zirkularität jetzt einstellen,

00:04:59: um dann in den 2030er Jahren dort dann halt einen strategischen Vorteil zu haben.

00:05:03: Deswegen, ich kann verstehen, dass viele in den vergangenen Jahren da halt weniger gemacht haben,

00:05:07: weil es einfach die Ad hoc-Probleme zu sichtbar waren.

00:05:10: Aber ich würde ganz klar empfehlen, und diese Initiativen gibt es ja auch an vielen Stellen,

00:05:15: um das deutlich stärker noch zu forcieren.

00:05:18: Jetzt können natürlich böse Zungen behaupten.

00:05:21: Michael, du hast an der RWTA-Achne am Werkzeugmaschinenlabor

00:05:24: natürlich die grüne Spielwiese.

00:05:26: Viele OEM-Zulieferer haben das mit ihren Brownfield-Werken irgendwo nicht.

00:05:31: Aber siehst du das, wie wird es zu sagen, welche Chancen liegen denn eigentlich darin,

00:05:37: auch in der traditionellen Automobilindustrie bei den großen Herrschern und Zulieferern,

00:05:41: trotzdem andere Konzepte im Bereich Zirkularität umzusetzen?

00:05:45: Also erstens bin ich hundertprozentig bei dir.

00:05:48: Also die Vorteile des Greenfields, das ist natürlich, die Hochschule ist auch unsere Aufgabe,

00:05:53: dass wir Vordängen, Vorausdenken, Impulse geben.

00:05:56: Und ich würde es vielleicht mal anhand der Technology Redness Level beschreiben.

00:06:01: Wir sind dann vielleicht in der Hochschule eher so im Bereich 3, 4, 5, 6 unterwegs,

00:06:06: während die Automobilindustrie und andere Industrien vielleicht eher im Bereich 7, 8, 9 dann angreifen.

00:06:10: Und wir müssen diesen, ich nenne es immer Bridging the Gap,

00:06:13: diesen Schritt dort schaffen, dort Transfer auch hinzubekommen.

00:06:18: Und da sehe ich wiederum auch auf beiden Seiten die Verantwortung.

00:06:22: Wir müssen genau solche Konzepte hier präsentieren.

00:06:24: Und umgekehrt muss ich auch quasi Sie alle einladen,

00:06:28: zu Herr Reden und Zürer oder Teilnehmende, quasi auf uns zu kommen

00:06:32: und genau diesen Rückenschlag hinzubekommen.

00:06:34: Denn warum kann man solche Konzepte nicht auch mal gemeinsam ausprobieren

00:06:37: mit einem Vorentwicklungsbudget etc. um sowas mal auszuprobieren?

00:06:40: Ich glaube, da müssen wir gemeinsam hinkommen, dass man Green und Brownfield zusammenbringt.

00:06:45: Also wir verlinken deinen Kontakt auf jeden Fall in den Show Notes.

00:06:48: Das heißt, wer auch immer gerade zuhört, darf sich natürlich jederzeit bei dir melden.

00:06:52: Chris, ihr habt ja mit euren Magazinen, das ist nicht nur Automotive Manufacturing Solutions,

00:06:57: sondern vor allem Automotive Logistics, natürlich auch zwei Magazine,

00:07:01: die sich viel um Nachhaltigkeit bemühen.

00:07:03: Auch Cardi Design News, wenn man ans Design denkt

00:07:06: und an neuen Materialien, das ist ja etwas, was ja auch ganz nahe an dem liegt,

00:07:10: Michael Ehrworrani auch forscht.

00:07:13: Was ist euer Eindruck momentan vom Thema Sustainability?

00:07:17: Es ist ein ganz breites Feld vor allem, aber vielleicht fangen wir an mit Materialien.

00:07:22: Michael, du hast vorhin gesagt, dass die Erwartungen vom Material,

00:07:27: wir wollen dieses Hochqualität, das lange dauern usw.

00:07:31: und letzte Woche vielleicht besser zu sagen für unsere Zuhörer.

00:07:35: Neulich hatten wir eine Voranstaltung für Design for Production,

00:07:38: da hatten wir Designer von Hyundai, Ford, Nissan,

00:07:41: die haben alle gesagt, wir versuchen jetzt mehrere Recycled Materials zu benutzen,

00:07:46: aber das Problem ist die Erwartung des Kunden,

00:07:53: dass die Qualität so vielleicht für Jahre bleiben

00:07:57: und ist vielleicht nicht der Fall mit manchen von dieser sekundarer Material

00:08:02: und die Ingenieur, also die geben jetzt nichts zu, die lassen dieses Qualität nicht runtergehen.

00:08:07: Und das bedeutet eine Kollaboration zwischen Ingenieur, Vertrieb

00:08:13: und mit dem Kunden vielleicht bei Workshops und zu verstehen,

00:08:16: also werden die Kunden mehr bezahlt für nachhaltige Material oder nicht,

00:08:22: brauchen wir oder vielleicht die Erwartung zu ändern.

00:08:26: Zum Beispiel, vielleicht die Perception, dass dieses Material ein bisschen rough aussieht,

00:08:33: kann auch gut sein für manchen Kunden, mit dieses sogenannten "Pet Recycled Materials" usw.

00:08:40: Ich würde da vielleicht noch ergänzen, also ich glaube, morgen wird das neue normal sein,

00:08:46: dass wir einen hohen Anteil an Secondary Materials drin haben werden.

00:08:51: Also es ist vielleicht sogar so weitgehend, dass wir nicht nur Secondary Materials nutzen,

00:08:56: sondern dass wir sogar ganze Komponenten quasi wieder einbauen.

00:09:00: Und dann wird das in 12 Jahren für die Kundinnen und Kunden auch keine große Aufreger mehr sein.

00:09:09: Plus muss man auch sagen, dass heutzutage die Recycling- und Wiederaufbereitungsaktivitäten

00:09:14: tatsächlich schon so gut sind, dass man eigentlich gefühlt,

00:09:18: dass sie alle würden keinen Unterschied mehr erkennen zwischen recyklierten Kunststoffen beispielsweise

00:09:24: und Virgin Materials. Und das ist, glaube ich, diesen gerechtzigen Wandel,

00:09:30: den müssen wir natürlich noch schaffen auch in der Gesellschaft.

00:09:34: Aber ich bin mir sicher, dass wir das gemeinsam hinkriegen.

00:09:37: Ja, unbedingt. Und das war auch die Philosophie, die Minimalismus von Design.

00:09:42: Dass weniger Inhalts kann nahehaltiger sein, genau besser für die Produktion sein

00:09:48: und gefällt viele Kunden auch. Und das ist eine große Diskussion jetzt in Car Design, würde ich sagen.

00:09:56: Also wenn wir tiefer in die Lieferkette gucken, wir beschäftigen uns viel mit Logistik.

00:10:02: Und da, ich glaube, das Daily Business ist das zu optimisieren.

00:10:07: Also voller Laden, weniger Lkw auf die Straße, mehr Bahnen benutzen und so weiter.

00:10:15: Wir erwarten vielleicht ein Big Bang und das ist schwierig.

00:10:18: Also dieses Art von Skupz 2 und 3 wird relativ lange dauern.

00:10:23: Was wir sehen, also wir sehen viele Piloten von Elektro-Lkw in der Lieferkette,

00:10:30: aber viel mehr investieren in alternative Treibstoffe, also Pflanzenöl oder Bio-CNG.

00:10:39: Und das gibt dann auch eine andere Frage, ob wie nahehaltig ist das wirklich.

00:10:43: Also es ist bestimmt besser heute als gestern, aber es ist eine langfristige Lösung.

00:10:49: Aber ich glaube, das ist eine große Diskussion im Moment, aber wir sehen ganz viel Aktion in dieser Richtung.

00:10:56: Die Frage kommt für die Lkw, für die Elektro-Lkw, wer wird bezahlen?

00:11:01: Weil das wird keine schnelle ROI haben, wenn wir eine ganze Route von verbrenner Lkw bis Elektro-Lkw machen.

00:11:11: Man kann nicht wirklich sagen, dass in drei Jahren wir würden weniger bezahlen, von hier aus.

00:11:17: Aber wenn mit Neuregularen, Regulations usw. das könnte anders sein.

00:11:22: Das ist auch eine große Frage in der Branche.

00:11:25: Ein Punkt, den ich noch mal zurückkommen möchte, den ich auch noch mal spannend finde, ist diese Vorstellung.

00:11:29: Du hast es ja gerade auch angesprochen, mit dem Qualitätsbewusstsein in der deutschen Automobilindustrie.

00:11:35: Ist natürlich ein hohes Gut in der Automobilindustrie. Man trägt es auch vor sich her.

00:11:41: Qualität ist das Wichtigste. Aber gerade jetzt auch im Blick auf nachhaltige Materialien im Fahrzeug oder auch Reassembly-Faktoren oder Möglichkeiten.

00:11:52: Steht das ein bisschen im Weg auch, diese Mentalität, dass man wirklich immer bis zum letzten Detail auf letzte Detail schaut.

00:11:59: Ist das in anderen Marktregionen, bei anderen Herstellern nicht so der Fall?

00:12:03: Geht man da etwas lockerer mit um und ist dann dementsprechend auch schneller?

00:12:07: Und auch beim Thema Nachhaltigkeit vielleicht auch etwas schneller?

00:12:11: Es gibt ja ganz viele Branche, in denen zum Beispiel Re-Man-Effectoring schon seit 30 Jahren Standard ist.

00:12:16: Wenn Sie in die ganze Baubranche oder sowas schauen, die Caterpillars dieser Welt, die funktionieren gar nicht ohne Re-Man-Effectoring,

00:12:24: weil dort einfach das Material so teuer ist und so großen Anteil annimmt, dass Sie das sehr, sehr früh schon vor 20 Jahren verstanden haben,

00:12:31: dass es cleverer ist, einen Kolben aufzubereiten und dann dem nächsten Kunden wiederzugeben.

00:12:36: Und diese Denkweise nimmt ja jetzt gerade Fahrt auf, wenn man das mit den Kosten, beispielsweise für Materialien, auch im Auto-Ruby-Bereich kombiniert,

00:12:46: mit erhöhten CO2-Emissionszertifikaten, die dann preisen, die quasi für Materialien und Materialien verwendet werden.

00:12:52: Materialien aufkommen werden, dann wird das auch nicht nur für sehr materialintensive

00:12:57: Branchen gelten, sondern sukzessive auch für uns.

00:12:59: Und dann ist es am Ende dieser Trade-off.

00:13:01: Dann überlegt man sich halt dreimal, ob es jetzt besser ist, quasi erhöhte Kosten tatsächlich

00:13:06: für Primary Materials in Kauf zu nehmen, um eine höhere Qualität zu erzielen oder ob

00:13:12: man halt versucht, eine fast vergleichbare Qualität herzustellen, indem man aber deutlich

00:13:18: die Kosten senken kann.

00:13:19: Ich glaube sogar, dass sich das morgen umdrehen wird.

00:13:21: Heute ist die denkweise noch secondary Materials teurer.

00:13:23: Ich glaube, morgen wird sich das tatsächlich umdrehen.

00:13:25: Ja, das ist ein ganz spannender Punkt, weil wir hatten vor kurzem erst Janik den Diskussionen,

00:13:31: hat vor allem was mit Katena X zu tun und wir haben viel über Transparenz und aber auch

00:13:35: Nachhaltigkeit eben in der Supply Chain und über Collaboration und so weiter gesprochen.

00:13:40: Aber mir ist da so ein Satz hängen geblieben, weil dann hat jemand in der Diskussionsrunde

00:13:45: ein Kollege von BMW am Ende gesagt, aber Nachhaltigkeit ist doch Wirtschaftlichkeit.

00:13:50: Keiner hat Interesse daran, Energie zu verschwenden.

00:13:54: Es ist teuer.

00:13:55: Niemand hat Interesse daran, in der Produktion möglichst viel Verschnitt zu haben oder in

00:14:02: der Form von Abfall zu haben usw.

00:14:04: Das heißt, eigentlich Nachhaltigkeit in der Produktion ist am Ende Wirtschaftlichkeit.

00:14:08: Aber die Frage, die ich mir da manchmal stelle, ist, haben wir, sehen wir in der Branche schon

00:14:14: den richtigen Zugang zu Nachhaltigkeit, was das Mindset und die Denke angeht.

00:14:18: Weil ich habe manchmal den Eindruck, dass natürlich jetzt auch mit strengeren Regularien,

00:14:21: ESG-Regularien, die auf die Branche zukommen, es ist immer sehr viel von außen.

00:14:25: Es hat auch sehr viel von im Prinzip einem Imperativ und es ist im Prinzip ein Muss und

00:14:31: ihr müsst es machen.

00:14:32: Und man wird dann ja oft so den Eindruck nicht los, dass das Ganze, ja, es gibt viele Leuchtturmprojekte,

00:14:39: dann ist man auch immer gerne mit dabei, im Prinzip zu zeigen, wie grün das Werksgelände

00:14:44: ist.

00:14:45: Aber man wird den Eindruck manchmal nicht los, dass das einfach doch den Eindruck macht

00:14:49: von einer Auferlegten, von einem Diktat.

00:14:52: Aber am Endeffekt, wenn man mal so ein bisschen darüber nachdenkt und wir haben ja schon viele

00:14:55: schöne Beispiele gehört, ist nachhaltiges Arbeiten und nachhaltiges Produzieren am

00:14:59: Ende auch ein wirtschaftliches Produzieren.

00:15:01: Aber Michael wird zu sagen, dass das irgendwo auch noch so ein Switch in der Denkweise passieren

00:15:05: muss.

00:15:06: Also ich kann mit einer anderen Geschichte quasi antworten, eine Kante von mir, auch

00:15:12: bei dem großen OEM, arbeitend, die meinte vor kurzem mal zu mir, sie hat schon ja bestimmt

00:15:17: zehn Jahre in diesem Bereich gearbeitet, Zirkularität, Nachhaltigkeit, das war damals eine ganz,

00:15:21: ganz kleine Gruppe mit drei, vier Personen und sie sagte, sie hatten noch nie so viel

00:15:25: Aufmerksamkeit für ihr, das was sie tun, bekommen wir in den letzten anderthalb Jahren.

00:15:29: Ich glaube, wir befinden uns tatsächlich am Anfang von so einem Effekt, sozusagen, dass

00:15:37: es halt wie beim Popcorn jetzt gerade jetzt gleich knallt, ist halt im positiven Sinne,

00:15:40: dass plötzlich die Aufmerksamkeit dort hinkommt.

00:15:42: Und das wird aber natürlich mit Leuchtturmprojekten muss das losgehen, es muss irgendwie gezeigt

00:15:51: werden, aber es darf halt dann nicht dort stoppen.

00:15:52: Also es muss dann auch konsequent weiter gedacht werden.

00:15:54: Man sieht eigentlich bei jeder Automesse irgendwie nachhaltige Materialien, auch zirkuläre

00:16:02: Fahrzeuge, die vorgestellt werden, die haben meistens einen Lieferzeitpunkt nicht vor 2040,

00:16:09: weil alle wissen, dass es halt nicht so einfach ist, die ganze Branche jetzt von einem Tag

00:16:13: auf den anderen zu ändern, weil die ganzen Zulieferer mitspielen müssen unter Nund.

00:16:16: Und deswegen, wenn wir aber gemeinsam dann auf diesen 2040er Track wirklich einbiegen,

00:16:22: dann wäre das, glaube ich, eine gute Nachricht, damit es nicht bei Leuchtturmprojekten bleibt.

00:16:25: Also, wie gesagt, ich glaube, Nachhaltigkeit, Effizienz ist nachhaltig, das ist auch klar

00:16:36: und in diesem Sinne von ist Nachhaltigkeit auch also gut für die Wirtschaft, ja klar.

00:16:42: Aber wir müssen von jetzt und morgen auch einen Unterschied manchmal machen.

00:16:48: Zum Beispiel, ich habe gesagt in der Logistik, man will immer weniger LKW auf die Straße

00:16:53: haben und voller LKW.

00:16:55: Aber das geht bis nicht zum Null-Corp.

00:16:58: Man kann nicht zu Net-Corp in Zero nur mit weniger LKW oder mehr auf die Bahn.

00:17:03: Die nächste Stufe, also braucht einer riesen, großen Investitionen, das zu machen.

00:17:10: Wir haben Neule mit JLR gesprochen, mit ihrem Werker in England und von Energie, Gasenergie

00:17:18: bis zum Elektroenergie.

00:17:20: Elektroenergie kostet zweieinhalb mehr.

00:17:24: Es ist 30% effizienter, so kann man ein bisschen durchsetzen, aber man muss dann auf die andere

00:17:31: Wege effizient zu finden.

00:17:32: Das ist nicht der Fall überall, klar.

00:17:35: Also, wenn das Elektro kommt, dann sind andere Queller eine andere Frage.

00:17:40: Aber ich glaube, du kannst dieses Jahr weniger Emission haben, wenn du diese Effizienzmethoden

00:17:46: einsetzen, aber die andere Höhe dazu erreichen, dann kommt immer noch die Frage, wer bezahlt

00:17:55: waren, was sind diese Kurven usw.

00:17:58: Ich glaube, diese Ritern und diese Switch müssen wir unbedingt machen, aber auch nicht so

00:18:03: einfach.

00:18:04: Dazu passen Sie eigentlich ganz gut das Beispiel Batterieherstellung oder auch, wo lokalisiere

00:18:11: ich die Batterieherstellung.

00:18:13: Dazu habe ich auch noch mal eine Analyse der Umweltorganisation Transport and Environment

00:18:17: herausgefunden, dass die Verlagerung der Elektrofahrzeuglieferkette aus China nach Europa, die die Emission

00:18:25: der Batterieherstellung um 37% senken könnte und die Nutzung erneuerbarer Energien in der

00:18:30: Produktion könnte ein Einsparpotenzial auf über 60% steigern.

00:18:35: Also, daran sieht man ja mal, dass Effizienz und Kostenbewusstsein ja so stark in einen

00:18:41: Hergeht eben auch mit Emissionsreduktion.

00:18:44: Also, das zeigt ja auch, dass da ein ganz großer Hebel steckt.

00:18:48: Gleichzeitig sagt die Studie aber auch, dass es auch noch sehr lange dauern wird, bis

00:18:51: man diese Verlagerung auch umsetzen kann, weil dann natürlich auch wieder enorme Investitionen

00:18:55: am Ende des Tages drin stecken und das auch eben nicht von heute auf morgen gelingen kann.

00:18:59: Aber da stecken die Potenziale und das ist sicherlich für die Hersteller auch sehr interessant,

00:19:05: sich diese Schlüsselkomponenten, wie zum Beispiel die Batterie-Batterie-Zellproduktion

00:19:09: eben auch nach Europa zu holen.

00:19:11: Ich kann mir glaube ich nur einen Haken daran.

00:19:15: Wobei ja gleichzeitig, jetzt muss man aus der Forschungsgesicht sagen, dass gerade erst

00:19:20: einige Förderlinien Richtung Batterie natürlich abgekündigt worden sind.

00:19:24: Vielleicht, Stichwort "TRL-Level", weil die Politik sagt, das ist jetzt Aufgabe der Industrie,

00:19:31: das weiterzuentwickeln und weiterzu treiben.

00:19:32: Aber wir hätten uns natürlich als Hochschule gefreut, wenn wir da noch weiter auch in diese

00:19:37: Richtung diese Entwicklung hätten unterstützen dürfen.

00:19:39: Die Frage ist ja auch so ein bisschen, sind das wieder sehr regionale Diskussionen, die

00:19:45: wir hier führen?

00:19:46: Also Europa, durch die EU gibt es viele Regularien, die sozusagen auch so ein bisschen den Weg

00:19:52: vorgeben.

00:19:53: Aber wenn wir, Chris, wenn wir international schauen, zum Beispiel auch nach Asien, auch

00:19:57: nach Japan, Toyota zum Beispiel, die haben ja jetzt nicht diesen regulativen Druck so

00:20:03: stark, wie zum Beispiel die Hersteller hier in Europa, können sich noch ein bisschen stärker

00:20:07: auf die Verbrennertechnologie, Hybridtechnologie konzentrieren, am Großen sozusagen Gewinne,

00:20:12: die sie damit auch immer noch machen.

00:20:14: Also ist das auch wieder noch eine sehr europäische oder vielleicht auch deutsche Diskussion,

00:20:18: die wir hier führen zum Teil?

00:20:19: Ja, also ist das komplizierte Frage.

00:20:21: Wenn wir in den US gucken im Moment, also mit der IRA und also alle dieses Geld, dass

00:20:27: die investieren und die Batterie verbrücken und alles traktieren, aber dann kommt die

00:20:33: Frage jetzt, denn dann sprechen wir ob die Tarife.

00:20:36: Also diese Invest zu verteidigen gegen China zum Beispiel.

00:20:41: Ich weiß, deine Frage war über Japan, aber nur kurz zum US.

00:20:46: Man fragt sich, ob die Regierung die richtige Rolle spielt oder nicht.

00:20:50: Also die geben ganz viel Geld aus und Europa, das kommt jetzt an eine andere Frage und es

00:20:57: ist eine echte Wettbewerbsfähigkeit Frage, weil die Kosten in US für, also Energie sind

00:21:05: deutlich weniger.

00:21:06: Und wenn wir unsere Energiepreise noch hierherhört, dann ist es, das ist also ein Konflikt.

00:21:14: Gleichzeitig die Regierung gibt für Geld aus für eine Batteriewerk in US zu bauen und

00:21:20: weniger hier in Deutschland.

00:21:21: Also das ist ein großer Risiko, aber es geht in ganz viele Richtungen.

00:21:24: Und mit der Geopolitik, man weiß nicht, wo genau wir hingehen.

00:21:28: Also es stieg wird, in US, November, vielleicht so, wenn ich darüber verspreche, was wird

00:21:35: danach passieren.

00:21:36: Aber wie du sagst, ich glaube Flexibilität ist wirklich der Stiegwort und die Japaner

00:21:41: sind im Moment die größte Gewinne, vor allem in US mit der Hybrid-Technologie.

00:21:47: Aber gleichzeitig muss man auch sagen, Toyota investiert, das ist die größte Investition,

00:21:52: das Toyota jemals gemacht haben jetzt in US für ein Batteriewerk.

00:21:56: Also die denken immer noch in die Zukunft, das ist vielleicht eine andere Zeitpunkt als

00:22:01: was GM und VW gegründet hat in den letzten Jahren, aber ich glaube die gleiche Richtung.

00:22:07: Aber es ist interessant, unbedingt interessant zu vergleichen.

00:22:11: Vielleicht versuchen wir ja langsam schon mal ein kleines Fazit zu ziehen.

00:22:15: Michael Dicherts, Branchen und Experten, würde ich an der Stelle natürlich mal bitten,

00:22:20: so ein bisschen ein kleines Fazit zu sehen.

00:22:22: Wo steht denn eigentlich die Automobilindustrie in Sachen Nachhaltigkeit und wo müssen vielleicht

00:22:28: die nächsten Jahre hingehen?

00:22:29: Ich glaube da müssen wir differenzieren zwischen Begriffen Nachhaltigkeit und Zirkularität.

00:22:34: Nachhaltigkeit, glaube ich, ist das großartig, dass die insbesondere europäische Automobilindustrie

00:22:40: da schon so viel gemacht hat in den letzten Jahren.

00:22:42: Wir haben über diese Gleichrichtungen der Interessen, also Ökonomie und Ökologie,

00:22:46: schon gesprochen.

00:22:47: Das ist, ich glaube da sind wir auf genau dem richtigen Weg, wenn man das weiterfährt,

00:22:52: ist das sehr, sehr gut.

00:22:53: Was das Thema Zirkularität angeht, würde ich sagen, stehen wir noch absolut am Anfang.

00:22:57: Dort sind es maximal irgendwelche Visionsfahrzeuge oder ähnliches, die dort eine Rolle spielen.

00:23:03: Und ich würde das vergleichen vielleicht mit dem Thema Immobilität.

00:23:08: Auch dort brauchten wir erst irgendwie den externen Druck durch Flottenemissionsgesetz

00:23:13: und so weiter.

00:23:14: Und dann ist quasi, hat das Ganze gezündet irgendwann.

00:23:19: So ähnlich ist es jetzt mit den Regularien auch.

00:23:20: Und auch dort werden die Regularien immer schärfer.

00:23:22: Das heißt, in den Jahrzehnts müssen wir auch im Thema Zirkularität ganz anders aufgestellt

00:23:28: sein, als wir das heute sein müssen.

00:23:29: Und mit den aktuellen Vorlaufzeiten der Entwicklungszyklen in der Automobilindustrie

00:23:34: müssen wir da, denke ich, loslegen.

00:23:36: Wie gesagt, also diese beiden Begriffe würde ich trennen und im Nachhaltigkeitsbereich einfach

00:23:39: weitermachen.

00:23:40: Zirkularität müssen wir da auch neue Ansätze finden, um dort was Disruptives zu schaffen.

00:23:45: Wenn man jetzt sieht, wie sozusagen der Hochlauf der Elektromobilität in Stocken geraten ist,

00:23:50: da hören Sie ja jetzt irgendwie jeden Tag in den News, wie schleppend das läuft.

00:23:55: Autohersteller ziehen sich ein bisschen wieder auch an vielen Stellen auch von ihren Visionen,

00:24:00: die sehr kühn waren zum Teil, auch wieder zurück.

00:24:02: Darunter werden ja wahrscheinlich Ende des Tages auch Nachhaltigkeitsinitiativen vielleicht

00:24:06: wieder leiden und die ja eigentlich im Prinzip auf Langfristigkeit ausgelegt sind.

00:24:11: Also das ist schon irgendwie so ein kleiner Zielkonflikt, der durch diese Schwankungen,

00:24:17: die jetzt da in den Strategien auch stattfinden, vielleicht auch so ein bisschen bombardiert

00:24:21: wäre am Ende des Tages.

00:24:23: Also die Zeiten wären ja auch nicht rosiger und das könnte schon herausfordernd werden,

00:24:28: glaube ich.

00:24:29: Wir sind ja in Deutschland und Deutschland tragen wir gerne eine Übergangsserke.

00:24:32: Ich würde jetzt sagen, wir sind ja quasi jetzt gerade in der Übergangsserke in Zeit und

00:24:37: da gibt es auch sicherlich nochmal einen Dämpfer, aber wir müssen trotzdem in diese Richtung

00:24:40: weiterdenken.

00:24:41: Also es ist jetzt keine Option, wieder zurückzugehen, zurück auf los quasi, die Optionen gibt es,

00:24:46: glaube ich nicht.

00:24:47: Ich glaube ein schöneres und plakativeres Schlusswort können wir ja fast gar nicht

00:24:51: finden.

00:24:52: An dieser Stelle sage ich natürlich danke Janik, Michael, Chris an alle Zuhörerinnen

00:24:56: und Zuhörer da draußen.

00:24:58: Ich hoffe ich, dass auch diese kleine etwas besondere Folge gefallen hat.

00:25:02: Wir versuchen natürlich auch, sicherlich können wir auch das Video zu dieser Folge tatsächlich,

00:25:09: denn das ist ja live auf der Kongressbühne, wie gesagt, entstanden, auch nochmal in den

00:25:13: Show Notes verlinken.

00:25:14: Wir freuen uns natürlich auch über Diskussion zum Beispiel über LinkedIn und ich sage

00:25:18: an dieser Stelle danke euch und tschüss bis nächste Woche.

00:25:22: Danke schön.

00:25:23: Danke.

00:25:24: Danke.

00:25:25: Nagel Tiedemann, ein Interview-Podcast von Automotive IT und Automobil Produktion.

00:25:34: Alle Infos zur Folge in den Show Notes.

00:25:37: Weitere Episoden überall, wo es Podcasts gibt.

00:25:40: Copyright WDR 2021

00:25:42: SWR 2020

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